Auf jeder einigermaßen brauchbaren Website über das Modell von NLP kannst Du lesen, dass es sich um ein universales Modell der Kommunikation handeln soll. In den folgenden Zeilen habe ich meine Erfahrungen und meine Meinung zu diesem Thema niedergeschrieben.
Ein Artikel von Chris Mulzer
Ich verstehe diese Zeilen als Anregung zur Diskussion über verschiedene Standpunkte und kritisiere niemanden, wenn er in einer Welt lebt, in der meine Meinung keinen Platz hat. Fakt ist, dass das Modell von NLP je nach kultureller Umgebung verschieden interpretiert wird. NLP ist in den Vereinigten Staaten entwickelt worden und hat dort seinen eigenen Platz gefunden. Aber schon im Land seines Ursprungs wird es unterschiedlich interpretiert. Bei einer Gruppe von Trainern steht der Spaßfaktor im Vordergrund. Alles ist erlaubt und möglich, solange es nur mit FUN verbunden ist. Die nächste Gruppe setzt auf die Steigerung der Effektivität in Verkauf und Führung, wieder andere lehren Manipulation von Sprache und Gehirn (zumindest behaupten sie es…) zum Zwecke der Beherrschung und Dominierung. Der meist übersehene Grund für die Entwicklung von NLP in den 60ern und 70ern war die Erfolglosigkeit von Psychiatern und Therapeuten. Mit ihren aus dem Anfang des Jahrhunderts stammenden Therapiemodellen konnten sie weder verlässlich reproduzierbare noch dauerhafte Ergebnisse bei ihren Patienten erzielen. Es bedurfte eines so unkonventionellen Charakters wie Dr. Richard Bandler, der Methoden entwickelte, die mehr mit Guerillataktiken als mit damals konventionellen Therapietechniken zu tun hatten. So oft er für seine Methoden angegriffen wurde, er war sehr erfolgreich und erzielte Ergebnisse, die niemand für möglich gehalten hatte. Seine unkonventionelle Art machte ihn vor allem bei der jungen Generation international populär.
Schnell stellte sich heraus, dass seine „Techniken“ und die Modelle, auf denen seine Therapieerfolge fußten, auch ganz normalen Menschen nutzten. Wer also NLP lernen wollte, musste zum „Erfinder“ reisen und des Englischen mächtig sein. Denn Englisch wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zur allgemein verbindlichen Sprache für internationale Kommunikation gewählt. Oft wird im Kreise von internationaler Teilnehmern die Diskussion in englischer Sprache geführt, obwohl keiner der Beteiligten Englisch als seine Muttersprache nutzt.
So angenehm es scheint, sich einer alle Nationen verbindenden Sprachebene zu bedienen, wirft es auch Probleme auf. Der Trainer spricht in seiner Version des Englischen, die Teilnehmer verstehen ihre (kultur- und vermögenskontextuell gefilterte) Interpretation davon. Dabei stellt sich die Frage: Was will der Trainer vermitteln, und was kommt beim Teilnehmer davon an? Im Falle der Vermittlung des Modells von NLP kommen Metapherngerüste, Hypnose und andere subbewusste Techniken zum Einsatz, die ihre Wirksamkeit aus der Zweideutigkeit der Sprache beziehen. Wie viel davon erreicht den internationalen Besucher? Auch im Kulturkontext lauern Fallstricke. Ich habe mich beispielsweise bei meiner Ausbildung in den Workshops von Richard Bandler lange gefragt, was er denn mit Hershies meint (bei uns wäre es die Ritter Sport Schokolade), oder was Twinkies sind (bei uns heißen die Twix), geschweige denn die vielen Ambiguitäten, der versteckte Sprachwitz und die kulturellen Unergründlichkeiten, die oft spurlos an mir vorübergingen. Ich habe mich lange gefragt, ob das die „Wirksamkeit“ der gewünschten Veränderungen beeinflusst hat.
Darüber hinaus gibt es Herausforderungen im Sinne des Kulturverständnisses bei den Teilnehmern. Hier nur drei Beispiele zur Veranschaulichung der Themantik aus meiner eigenen Praxis:
1. MetaModell in China
Es ist in Erklärung und Demonstration nahezu unmöglich, direkte Fragen wie „Was genau meinen Sie mit …“ (unbestimmte Hauptwörter hinterfragen) zu stellen. Es ist oberunhöflich Pro zessfragen wie „…wie genau…“ zu stellen. Und auch die Einmischung in persönliche Belange mit Fragen wie „…was passiert, wenn …“ gilt als unakzeptabel. Natürlich wird jeder gut erzogene Chinese bei den Übungen freundlich lächeln und Du wirst gegen eine unsichtbare Mauer stoßen. Bestenfalls kannst Du erreichen, dass man sich für dieses „exotische“ Konzept interessiert und sich (dann im vertrauten Kreise, beim gemeinsamen Essen) wundert, wie solche Sachen anderswo tatsächlich zu funktionieren scheinen. 6000 Jahre Kultur leugnen nicht und die Art des gesellschaftlichen Umgangs wird in vielen asiatischen Ländern ganz anders definiert, als bei uns.
2. Soziale Interaktionsmechanismen in Korea
Wenn Teilnehmer in Korea miteinander üben, ist es extrem wichtig, darauf zu achten, wie sozialer Status und Gruppenzugehörigkeit definiert sind. Ein jüngerer Mann KANN nicht mit einer älteren Frau Tranceinduktionen üben. Ein sozial tiefer im Rang stehender Teilnehmer KANN nicht einem sozial höher im Rang stehenden Teilnehmer „entlarvende“ Metamodellfragen stellen. Solche Praktiken stehen nur sehr aufgeklärten, meist jüngeren Menschen mit überragendem Bildungshorizont zur Verfügung. Wer in der eher traditionell definierten Umgebung groß geworden ist, gibt sich dem konfuzianischen Fatalismus des „…naja, so ist es, das ist das Los, das ich tragen muss…“ hin. Dies erschüttert die Grundfesten der freien Entfaltung des Individuums, ist allerdings gelebte Realität in den meisten östlichen Kulturen (vgl. Deuchler: The Confucian Transformation of Korea).
3. TimeLine in Japan
Während bei uns die TimeLine überwiegend horizontal orientiert ist, verläuft sie bei Asiaten im Allgemeinen eher vertikal orientiert. Und dann erst bei den Indern. Das sind sehr interessante Experimente. Natürlich gilt hier der wichtige NLP Grundsatz: Elizitieren, nicht glauben. Für mich war das Grund genug, das gesamte Modell von NLP einer kritischen Überprüfung zu unterziehen. Jeder, der schon einmal einen Practitionerkurs bei mir besucht hat, weiß, daß ich mir die Mühe gemacht habe, für den „deutschen“ Gebrauch die Nützlichkeiten des Modells von NLP zu definieren, neu zu übersetzen und mir über die grundsätzlichen Ziele bei der Anwendung von NLP Gedanken zu machen. Heute setzen sich die Besucher meiner NLP-Practitioner Workshops (der Einführungskurs in das Modell von NLP) aus allen Altersgruppen und den verschiedensten Bevölkerungs- und Berufsschichten zusammen. Ich persönlich finde es einen der größten Vorteile des Modells von NLP, dass es seine Anwender früher oder später dazu zwingt, sein gegenwärtiges Modell der Welt zu verlassen, eine Metaposition einzunehmen und, wie NEO im Film Matrix, hinter die Kulissen einer beeinflussbaren Realität zu blicken.
Das funktioniert für jeden Teilnehmer und schafft einen Grad von innerer Freiheit, der überall im Leben zur Anwendung kommt. Damit erziehe ich mündige Weltbürger, die nicht nur totes Wissen über etwas besitzen, sondern die Fähigkeit haben, ihren jeweiligen Zustand konstruktiv nach jeweiliger Anforderung frei zu wählen. Dazu liefere ich im Practitionerkurs die Werkzeuge. Doch dies allein wäre zu einfach. Meine Workshops verfolgen ihre Ziele auf mehreren Ebenen. Es geht mir auch darum, eine kinästethisch (fühlbare) positive Instanz zu schaffen, die, einmal erfahren, süchtig macht. Die Sucht nach dem besseren Gefühl. Solche Erlebnisreferenzen funktionieren als subbewusste Strategie für jeden Menschen, gleich welcher Hautfarbe, Herkunft oder kulturellen Umgebung.
Mit diesem Grundsatz im Hintergrund stellt sich dann „nur noch“ die Frage, WIE diese Erlebnisse vor unterschiedlichem Kulturkontext geschaffen werden. Dies sind dann allerdings eher Fragen, die Lehrinhalte für die Ausbildung zum Trainer betreffen. Natürlich ist die Fähigkeit, oben beschriebene Referenzerlebnisse hervorzurufen, abhängig von der verwendeten Sprache. Mein internationales Englisch war zu Beginn meiner Trainertätigkeit viel zu kompliziert. Ich habe Jahre in Amerika gelebt und war stolz, einen großen Wortschatz zu haben. Als ich dann international mehr und mehr gefragt wurde, merkte ich, dass mein so genanntes „gutes Englisch“ oft das gleiche Unverständnis hervorrief, das mich befallen hatte, wenn ich in den Workshops von Richard Bandler saß. Ich habe deshalb mein Englisch vereinfacht. Ich mache hervorragende Erfahrungen mit der Anwendung des „Globish English“ Konzeptes. Jean-Paul Nerriere und Davin Hon haben sich Gedanken über die verständliche Anwendung von Englisch in NICHT muttersprachlichen Umgebungen gemacht und stellen eine vereinfachte Version der englischen Sprache vor.
Sie beruht auf 1.500 Basiswörtern und lehrt eine einfache, jedoch korrekte Grammatik. Die Autoren liefern schlagende Beispiele dafür, wie beispielsweise die Antrittrsrede Barrack Obamas an Klarheit gewinnt, wenn sie in Globish English übersetzt wird. Dabei ist der lokale Dialekt egal, die Hauptsache ist, international verstanden zu werden. Auf der nationalen Ebene, innerhalb der unterschiedlichen Kulturen Deutschlands und Österreichs gilt dies ebenfalls. Jeder, der ein neuro– LINGUISTISCHES Modell lehrt, wird sich sich damit auseinandersetzen müssen, wie er sein gesprochenes Deutsch zur Vermittlung des Modells einsetzt. Auch heute noch liefert Theodor Mommsen als Historiker ein Beispiel für Klarheit der Darstellung komplexer Sachverhalte. Seine „Die römische Geschichte“ liest sich so klar, dass sich seine Ausführungen noch heute wie ein Kriminalroman lesen. Ich fände es äußerst hilfreich – und da besteht ja selbst in Deutschland keine Einigkeit – eine Diskussion darüber anzustoßen, WAS wir denn mit dem Modell von NLP bei uns und unseren Teilnehmern erreichen wollen. Werbeversprechen werden in unserer Branche viele gemacht – nur, was bleibt davon übrig. Sieh dich auf den Seiten von www.nlpofflimits.de um und Du findest schnell heraus, wer die Inhalte des Modells von NLP wirksam vermittelt. Ich freue mich immer wieder, in ein mir unbekanntes Land gerufen zu werden, um dort einen Workshop zu halten. Für mich ist anregend, mich mit der kreativen Umsetzung meiner Inhalte innerhalb der jeweiligen Nationalitäten auseinanderzusetzen. Ein Chinese hat ganz andere Ideen, was man mit NLP anstellen kann, als ein Argentinier. Speziell die Amerikaner und die Deutschen treiben eine Nabelschau ihrer eigenen Großartigkeit und vergessen dabei den möglichen Wert der Vermittlung des Modells von NLP in anderem Kulturkontext.
Jede Technik, jede Intervention, jedes Untermodell von NLP hat für mich nur dann einen Wert, wenn es dazu beiträgt, Menschen glücklicher zu machen. Wenn es darüber hinaus hilft, auf der Basis einer gemeinsamen Sprache die profitable Unterschiede in einer immer kleiner werdenden Welt zu finden, dann kann das Modell von NLP auf eine Art zur Völkerverständigung beitragen, die dem Quantensprung des Bewusstseins entspricht, von dem wir alle glauben, dass er gerade passiert.
Chris Mulzer verbrachte Kindheit und Schulzeit von 1954 bis 1972 in Amberg/Opf. Nach seiner Militärzeit (Abgang als Leutnant d.R.) studierte er in München. Er schloss sein Studium 1978 als Dipl. Ing. der Fachbereiche Wirtschaft und Verfahrenstechnik in München ab. Nach einem Studienjahr in Südamerika arbeitete er sieben Jahre in den Bereichen Werbung, Marketing und Verkauf (davon 4 Jahre in leitender Stellung). Während seines Aufenthaltes in USA erhielt er seine Ausbildung als Trainer und unterrichtete an der University of California, Los Angeles. 1989 gründete er sein eigenes Unternehmen, PMA Change Management in Berlin. Dieses Unternehmen wurde 2003 in die kikidan media integriert. Seine Trainings, Workshops und Coaching Sessions hält er in englischer und in deutscher Sprache. 1998 wurde Chris Mulzer mit der Wahl unter die 20 besten Workshopformate für Public Speaking in Deutschland ausgezeichnet. (acquisa 5/98, Seite 79). Seine Trainerausbildung erhielt Chris Mulzer bei Dr. Paulus Heald in Pacific Palisades, Los Angeles als Trainer, Coach und Marketing Consultant. Auf dem Gebiet von Neuro Linguistic Programming (NLP), Design Human Engineering (DHE), Neuro Hypnotic Repatterning (NHR) und Hypnose erhielt er über 15 Jahre Training von Dr. Richard Bandler. Chris Mulzer ist lizensierter Trainer für NLP bei der Society of NLP™. Zusätzliche Ausbildung erhielt er bei Dipl. Psych. Laszlo Nemeth, Nürnberg in Psychologie, Sexualpsychologie, Gruppendynamik, psychosomatischer Symptomatik und Stressmanagement.
Infos zu den Workshops und Produkten von Chris Mulzer auf: www.kikidan.com
Speak Your Mind
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.